Einmal aus Mangel an Beweisen freigesprochen, muss ein Mörder nicht befürchten, doch noch zur Rechenschaft gezogen zu werden, wenn sich neue seine Schuld beweisende Fakten ergeben. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Änderung des Wiederaufnahmerechts, die dies ermöglichen sollte, für verfassungswidrig erklärt.

Dem lag der Fall eines freigesprochenen Mörders zugrunde, bei dem sich jetzt nach vielen Jahren aufgrund neuer DNA-Untersuchung ergab, dass Sperma-Spuren in der Unterhose der ermordeten Schülerin dem Beschuldigten zuzuordnen sind. Abzuwägen war hier das Mehrfachbestrafungsverbot in Art. 103 des Grundgesetzes mit dem Verfolgungsinteresse bei besonders schweren Straftaten.

Die Begründung des Gerichts, ein Betroffener soll und müsse darauf vertrauen dürfen, dass er nach Abschluss eines Strafverfahrens nicht nochmals wegen derselben Tat vor Gericht gestellt werden kann, ist ein Schlag gegen unser aller Gerechtigkeitsgefühl. Denn ein zu Unrecht freigesprochener Mörder verdient weder Schutz vor seinem Gewissen noch vor der Angst, dass die Wahrheit doch noch bewiesen werden kann. Geradezu absurd wird es, wenn das Gericht seine Entscheidung mit der missbräuchlichen Wiederaufnahmepraxis der NS-Justiz rechtfertigt. In den meisten anderen Staaten ist eine Wiederaufnahme in einem solchen Fall möglich.

Der zuständige Senat des Bundesverfassungsgerichts scheint ein warmes Herz für Verbrecher zu haben, hat er doch jüngst entschieden, dass die Vergütung von Gefangenenarbeit zu gering und verfassungswidrig sei, weil das Resozialisierungsgebot dabei nicht hinreichend beachtet werde. Einer der Beschwerdeführer war übrigens ein zu lebenslange Haft verurteilter Mörder.

Das Urteil ist schlechthin unerträglich, denn es setzt dem formalen Recht die Krone auf und verhöhnt dabei die Gerechtigkeit.